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Montag, 19.7.2021

Liebes Tagebuch, 

bei der Pflegevisite hat die Krankenschwester „boah“ gemeint und hat gesagt, dass meine Zunahme schon eine Leistung sei. Für mich hört sich das schrecklich an. Ich habe Angst, dass das zu viel und zu schnell ist, aber die Schwester hat gemeint, andere nehmen in diesem Zeitraum auch so viel zu. Das hat mich beruhigt. Ich bin ruhiger und konzentrierter. Vielleicht haben dem Gehirn ja vorher doch Stoffe gefehlt. 

Bei der Visite war etwas stressige und grantige Stimmung. Die Ärztin sagt, wenn ich bis Donnerstag nicht das gewünschte Gewicht habe, wird sie sich überlegen, ob ich wieder aufgenommen werde. Das macht mir Angst, weil ich mir gedacht habe, einen „sicheren Ort“ im Ärmel zu haben. Jetzt trink ich gerade freiwillig Trinknahrung.

Außerdem wurde mir heute die Sonde gezogen (hurra, kein Halsweh mehr :-))!

„Die Augen leuchten“ sagen immer alle. Wenn ich dann nachfrage was das bedeutet, sagen sie „mehr Leben“, „keine eingefallenen Wangen“ … Ich weiß, dass die leuchtenden Augen nur eine Ausrede für „dicke Backen hat sie jetzt“ sind. Ich habe gesagt, ich fühle mich fett und aufgedunsen. Damit muss ich mich abfinden. Ich soll in den Spiegel schauen und akzeptieren, aber das geht nicht. 

Da stellt sich mir die Frage: Was kann ich eigentlich? Meine Aufenthaltsziele (Studium, gesunder Ernährungsplan, mich kennen lernen) haben sich nicht wirklich erfüllt und ich bin einfach enttäuscht und denke mir „eh schon wurscht, jetzt geht sich meine Zielerfüllung mit Studium-Suche eh nicht mehr aus“. Ich habe das Gefühl, mein Leben einfach verplempert zu haben.

Die anderen am Esstisch haben schon konkrete Pläne nach dem Aufenthalt, haben sich eine Tagesstruktur und Ernährungspläne in der Therapie zurechtgelegt, wollen regelmäßig und von allen Komponenten essen und mit Freunden Dinge unternehmen. Wo sehe ich mich? Keine Ahnung.

Samstag, 24.7.2021

Liebes Tagebuch,

gestern wurde ich entlassen. Der erste Tag daheim und ich war in der Früh wieder so müde. Ich war bei Omi und Opi, die dann nachmittags bei den Nachbarn eingeladen waren und dann ging es bergab. Ich bin, sobald ich unbeobachtet war, wieder in mein Stopf-Verhalten und Heißhunger-Schlingen zurückgefallen, bei dem ich in 5-facher Geschwindigkeit aus dem Topf schlinge und sich mein Bauch wie ein Fass ohne Boden anfühlt 🙁 Dann kam wieder eine ganze Packung Topfen, Salat mit Tomaten, Eierspeise mit 2 Eiern, 100g Weichkäse, 60g Nüsse, 1 große Dose Linsen 🙁 ICH HABE TOTAL PANIK, DAS IST VIEL ZU VIEL ODER?????

IM ANSCHLUSS HABE ICH MICH WIEDER SO EINSAM UND VERLOREN GEFÜHLT. GEFANGEN IN MEINEN TRIEBEN UND MEINER HÜLLE, DAS MACHT MICH SO VERZWEIFELT. Daher bin ich gerne in einem stationären Aufenthalt, um immer in Beobachtung und positiver Anspannung zu sein, da reiß ich mich dann automatisch zusammen. Was kann ich nur tun??? Ich bin echt verzweifelt und fühle mich schrecklich, konnte in der Nacht nicht schlafen und fühle mich wie ein Ballon. Ich habe schreckliche Angst, dass der Weichkäse sehr ungesund war, die hochkalorischen Nüsse viel zu viel. Ich weiß echt nicht, was ich tun soll.